Müsli ohne Plastik
Nach Plastik sucht man hier vergeblich - Karin Vogel-Pellhofer erzählt von ihren Bemühungen,
durch einen Unverpackt-Laden eine bessere Zukunft zu gestalten
„Nebenan & Unverpackt“ in der Willibaldstraße 18 in München unterscheidet sich grundsätzlich von normalen Geschäften, da er nicht nur, wie der Name verrät, ein Unverpacktladen ist, in welchem alle Waren, von Putzmitteln bis hin zu Lebensmitteln, ohne überflüssige Plastikverpackungen angeboten werden, von denen man sich beliebig viel abwiegen kann, sondern außerdem von einer Genossenschaft betrieben wird. Das bedeutet, dass der Laden mehreren Menschen gehört, die ihn gemeinsam betreiben. Bei dem Besuch des Ladens hatten wir die Gelegenheit, der Genossin Katrin Pellhofer ein paar Fragen zu stellen, bei denen sie uns sogleich das „du“ anbot.
Helena Ko: Seit wann bist du schon Teil dieser Genossenschaft?
Karin Vogel-Pellhofer: Von Anfang an, sprich seit der Gründung der Genossenschaft, Anfang Januar 2020. Durch die Mitglieder damals wurde dann das Geld generiert, womit der ganze Laden am Anfang finanziert wurde und schließlich am 4. Juni offiziell erröffnete. Dieses Jahr feiern wir dann unseren 4. Geburtstag.
Arbeitest du hier nur ehrenamtlich oder bist du offiziel eingestellt?
Anfänglich habe ich hier nur ehrenamtlich gearbeitet, aber seit einem halben Jahr arbeite ich auf Minijobbasis hier.
Wie genau engagieren sich die anderen knapp 600 GenossInnen?
Tatsächlich kaufen die meisten Leute ausschließlich Anteile, und kommen danach nicht mal in den Laden. Andere GenossInnen kommen selten bis regelmäßig her und von den paar, die auch ehrenamtlich im Laden oft so drei bis vier Stunden arbeiten, sind viele auch nicht offiziell Teil der Genossenschaft, dies ist also keine Voraussetzung, um sich zu engagieren. Aber unser ganzer Vorstand und Aufsichtsrat, die den Laden organisieren und vertreten, sind ehrenamtlich. Es ist also sehr unterschiedlich.
Glaubst du, die besondere Art eurer Geschäftsführung wirkt sich auf die Stimmung in diesem Laden aus?
Ja sicher, also keiner hier ist absoluter Experte, sondern wir lernen während des Prozesses und versuchen alle Herausforderungen so gut wie möglich zu meistern. Natürlich arbeitet dadurch das Team mehr zusammen, da wir alle auf das gemeinsame Ziel hinarbeiten, nachhaltige und unverpackte Produkte anbieten zu können.
Im Gegensatz zur idealistischen Vorstellung, einen solchen Laden zu betreiben und etwas Gutes für die Umwelt zu tun, ist die Realität deutlich anders. Den allermeisten Unverpackt-Läden fällt es schwer, über die Runden zu kommen, was eine in der Abendzeitung genannte Studie verdeutlich: Laut dieser mussten allein im Jahr 2023 70 Unverpacktläden in Deutschland, wegen Geldmangel schließen. In ganz München verbleiben nur drei Geschäfte, welche ihrerseits zu kämpfen haben. Trotz der vielen Aktionen, die Nebenan&Unverpackt veranstaltet, wie Crepeverkäufe oder vermehrt Kleidertausche, kommen immer weniger Kunden. Auch Katrin Pellhofer ist um die Zukunft des Ladens besorgt.
Würdest du sagen, dass die Menschen und Genoss/-innen der Grund sind, warum der Laden noch lebt?
Nur Bestimmte... Andererseits gibt es auch Leute, die nur ein bis zweimal im Jahr zu uns kommen. Und in diesem seltenen Falle, kaufen sie auch nicht für mehr als 7 Euro ein, was ich dann schon traurig finde. Andererseits können wir in unserem Laden nicht nur verschiedenste Produkte anbieten, sondern haben auch ein kleines Cafe mit Sitzmöglichkeiten, wo man sich auch einfach entspannen kann, was nur durch die Leute möglich ist, die sich beispielsweise um die Pflanzen um unser Cafe herum kümmern. Auch hilft es enorm, dass die ganze Organisation ehrenamtlich betrieben wird. Trotzdem müssen wir oft kämpfen oder uns fragen, wie lange wir den Laden noch offen halten können.
Ein Kilogramm Haferflocken kostet hier 3,90 Euro. Dieselbe Menge bekommt man im Edeka daneben für nur 3,18 Euro, ebenfalls bio, jedoch in einer Plastiktüte. Die hohen Preise schrecken viele davon ab, ihre Einkäufe unverpackt zu besorgen, was es dem Laden erschwert, sich weiterhin über Wasser zu halten, während er seinen hohen Qualitätsstandart bewahrt.
Woher kommen eure Produkte?
Manches beziehen wir von der Pasinger Gärtnerei Kamlah, der Großteil stammt allerdings von Ökoring. Andere Lieferanten versorgen uns mit Nüssen, Trockenfrüchten oder Wasch- und Putzsachen. Dabei achten wir wirklich darauf, dass wir nur Produkte anbieten, die so gut, lokal, saisonal und nachhaltig sind wie nur möglich.
Woher kommen eure Kunden zu euch?
Sehr viele kommen aus dem unmittelbaren Umkreis, wobei es auch manche Kunden gibt, denen Nachhaltigkeit und gute Qualität wirklich so wichtig ist, dass sie auch durchaus lange Wege auf sich nehmen. Momentan gibt es außer uns tatsächlich nur noch zwei andere Unverpackt-Laden in München, wodurch es natürlich für die Leute auch zunehmend aufwändig wird, nachhaltig einzukaufen. Da wir nicht sehr zentral gelegen sind, hält die Laufkundschaft sich ebenfalls in Grenzen, wodurch wir auf unsere Stammkunden angewiesen sind, die standardmäßig bei uns einkaufen, oder von anderen ehemaligen Unverpackt-Läden zu uns gewechselt sind.
Woher denkst du, kommen eure verhältnismäßig hohen Preise?
Also ich habe jetzt nicht so viel Ahnung von den finanziellen Aspekten, jedoch bestätigen meine Kollegen, die sich darum kümmern, dass unsere Preise, welche sich auch nicht wirklich von denen mancher Biosupermärkte unterscheiden, lediglich der hohen Qualität unserer Produkte entsprechen. Hauptsächlich kauft man ja Bioprodukte, da man achtsamer mit der Umwelt umgehen möchte bzw. diejenigen Produzenten unterstützen möchte, die dies tun, da es inzwischen ja deutlich nachweisbar ist, dass die konventionellen Herangehensweisen unserer Gesellschaft nicht auf Dauer funktionieren. Vor allem die Herstellung der billigen Lebensmittel o.ä. zieht ja schwerwiegende Folgen nach sich: Arten sterben aus, das Grundwasser wird verschmutzt und wertvolle Resourcen werden verschwendet. All dies wird nicht in den Preis der Endprodukte einberechnet. Würden tatsächlich alle Faktoren mit eingepreist, würde sich die Bilanz meiner Meinung nach extrem verändern.
Der hohe Preis kann selbstverständlich abschreckend sein, jedoch finde ich, dass es sich auf jeden Fall lohnt, da man dies ja für sich und seine Familie macht. Und was könnte eine bessere Investition sein?
Glaubst du, in Zukunft werden zunehmend mehr Unverpackt-Läden in München sesshaft werden?
Also ich hoffe sehr, dass es wieder mehr geben wird, aber tatsächlich sehe ich nicht so viele, da einfach alles viel zu teuer wird und gleichzeitig das Engagement der Menschen fast nicht vorhanden ist. Die Welt wird immer mehr gespalten, die Reichen werden immer reicher und den Ärmeren geht es dabei immer schlechter. Das ist vor allem ein Problem, da denjenigen, die am oberen Ende sitzen, relativ egal ist, was mit denen unter ihnen oder der Umwelt passiert. Und obwohl die Allermeisten Kinder oder Enkelkinder haben, denen sie eine gute Zukunft wünschen, investieren sie so gut wie nichts in diese.
An wen sollte man sich wenden, wenn man auch Genoss/-in werden möchte?
Also neue Mitglieder sind jederzeit willkommen! Interessierte können sich auch auf unserer Website umsehen, dort findet man viele Informationen zu uns, unseren Veranstaltungen, der Genossenschaft und Sonstigem. Wenn man möchte, kann man natürlich auch erstmal vorbeikommen und sich den Laden anschauen, bevor man etwas in ihn investiert, und da kann man auch sagen, dass die meisten, die zu uns kommen wirklich begeistert sind, da man einfach spürt, wie viele Leute sich hierbei Mühe gegeben haben.
Auf welche Weise kann man den Laden denn unterstützen?
Also man kann natürlich einen Anteil kaufen, im Laden arbeiten, oder auch einfach nur einen Kuchen oder etwas Salziges backen und vorbeibringen. Dasselbe gilt auch für Pflanzen oder Ähnliches. Es steht also jedem frei, den Laden mitzugestalten wie man es möchte.