Soziale Ungleichheit in der Gesundheit
Wieso ist die Lebenserwartung wohlhabender Menschen um etwa 10 Jahre höher als die von ärmeren und wie steht der soziale Status überhaupt in Zusammenhang mit Gesundheitschancen? All diese Fragen beantworten wir in diesem Blog!
Das Konzept der sog. "sozial bedingten Ungleichheit von Gesundheitschancen" lässt sich in zwei Faktoren aufteilen und nachweisen: vorerst die eher plumperen Unterschiede wie Alter oder Geschlecht, dann aber auch unterordnende Differenzen wie Armut, beruflicher Status oder mangelnde Bildung. Mit dieser Faktorengruppe wird sich dieser Blogbeitrag befassen.
Die soziale Ungleichheit in Bezug auf Gesundheit wird in unserer Gesellschaft immer mehr zum Thema und so befassen sich längst nicht mehr nur deutsche Institute wie das RKI damit, sondern auch die WHO veröffentlichte in ihrem Buch "Health and health inequalities" Informationen zu Fragen bedingt durch Ungleichheit im Gesundheitswesen.
Zuerst einmal ist es wichtig zu verstehen wie die Verteilung der Gesundheit in Deutschland abläuft. Die Entwicklung im Ganzen betrachtet verbessert sich zwar über die Jahre gesehen, aber allerdings sehr unterschiedlich. Denn so gibt es zum Beispiel sehr große Unterschiede zwischen den verschiedenen Einkommens- oder auch Berufsgruppen.
Trotz dem eher schlechten Kenntnisstand auf dem wir in Deutschland aufgrund der Datenschutzregelungen im Moment sind, lässt sich sagen, dass Menschen in wohlhabenderen Verhältnissen eine wirklich deutlich höhere Lebenserwartung haben. Um konkretere Zahlen zu nennen, unterscheidet sich die gesunde Lebenserwartung, also die Jahre die man ohne schwerwiegende Krankheiten verbringt, um 15 bis 20 Jahre, was in Anbetracht der Tatsache, dass ein durchschnittlicher Bürger circa 80 Jahre lebt ja schon einiges ausmacht.
Doch wieso sind die Gesundheitschancen so ungleich verteilt und welche Faktoren wirken sich direkt und auch indirekt auf die Gesundheit und Sterblichkeit aus?
Der am häufigsten in Studien zur gesundheitlichen Ungleichheit genannte und somit womöglich auch relevanteste ist die Variable Bildung welche dann die Bevölkerung hierarchisch in soziale Gruppen einteilt. Eine Studie zur Auswirkung von Bildung auf das Rauchverhalten aus dem Jahr 2014 argumentiert hier damit, dass
„Personen mit niedriger Bildung seltener Krebsfrüherkennungsuntersuchungen und andere Präventionsangebote wahrnehmen, die größtenteils zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehören, also ohne Zuzahlungen in Anspruch genommen werden können.“
Die Studie fand ebenfalls heraus, dass Diabetiker mit niedrigerem Bildungsstand seltener an Diabetikerschulungen o.ä. teilnehmen und somit womöglich auch größere Schwierigkeiten haben mit ihrer Krankheit im Alltag umzugehen.
Allgemein gibt es hier jedoch ein eher geteiltes Stimmungsbild. Auf der einen Seite Studien die annehmen, dass die Relevanz der Bildung für die Gesundheit sich hinsichtlich der Lebenserwartung zeigt. Sie belegen hierbei, dass ein höheres Bildungsniveau mit einer verringerten Sterbewahrscheinlichkeit und einer höheren Lebenserwartung klar assoziiert ist. Auf der anderen Seite jedoch gibt es durchaus einige Wissenschaftler und Forscher auf diesem Gebiet der sozialen Ungleichheit in Sachen Gesundheit, die der Meinung sind, dass Bildung im Vergleich zu anderen Faktoren wie Einkommen oder Beruf eine eher geringere Rolle spielt. Sie betrachten hier die Auswirkung aller Faktoren gleichzeitig und stellen so fest, dass die Gesundheitsunterschiede zwischen Einkommensgruppen meistens größer sind als die Unterschiede zwischen Bildungs- oder Berufsgruppen.
Dies führt uns hier also zu dem Schluss, dass der Bildungsstand vielleicht doch nicht ganz so viel ausmacht wie anfangs vermutet.
Einige weitere Ursachen sind zum Beispiel auch die Ernährung, welche laut Gesundheitsminister Lauterbach in ärmeren Haushalten oft weniger ausgewogen sei, als die in wohlhabenderen Haushalten.
Eine ebenso sehr wesentliche Ursache sind die psychosozialen Faktoren. Dazu gehören vor allem Stress im Beruf oder Zuhause.
Aber auch materielle Faktoren, die Wohnsituation und Umgebung wirken sich teilweise direkt, teilweise indirekt auf die Gesundheit und Sterblichkeit aus.
Es ist aber auch wichtig zu erwähnen, dass zur Ursachenforschung nun mal mehrere, vielfältige Faktoren gehören, weswegen hier jetzt nur einige beispielhaft aufgeführt werden konnten.
Abschließend kommen wir nun nur noch zur Frage wie sich das ganze vermeiden lässt. Was sind also die Lösungsansätze?
Die Verringerung der gesundheitlichen Ungleichheit ist am ehesten in der Prävention zu finden, hier geht es also darum im und am privaten Alltag etwas zu ändern. Unterschieden wir hierbei zwischen Verhältnis- und Verhaltensprävention. Konkret heißt das, dass präventive Maßnahmen entweder am individuellen Verhalten des Betroffenen, oder aber an den Lebensverhältnissen ansetzen.
Jedoch versuchen die meisten Maßnahmen das Gesundheitsverhalten an sich zu ändern, obwohl von Forschern zahlreich darauf hingewiesen wird, dass die sozialen Verhältnisse der beste Ansatzpunkt für die Verringerung der sozialen Ungleichheit in der Gesundheit ist. Hier wird oft mit Maßnahmen im Bereich Alkohol, Tabak, Ernährung und Bewegung argumentiert, welche durchaus sinnvoll sind. Jedoch haben diese zielgruppenunspezifischen Maßnahmen oft den ungewollten Nebeneffekt, dass die sowieso schon gesünderen oder privilegierteren Gruppen oft mehr von diesem Maßnahmen haben als weniger privilegiertere. Das führt dann dazu, dass die Ungleichheit nur noch größer wird.
Grundsätzlich lässt sich in Sachen sozialer Ungleichheit in der Gesundheit also sagen, dass das Ganze ein wirklich komplexes Thema ist, welches durch viele Ursachen und Faktoren bedingt ist und für das auch noch lange keine einfache und schnelle Lösung in Sicht ist.
QUELLEN
de.wikipedia.org/wiki/Sozial_bedingte_Ungleichheit_von_Gesundheitschancen
blog.uni-bamberg.de/forschung/2022/soziale-ungleichheit-in-der-gesundheit/
Health and health inequalities, 2002, World Health Organisation