Fakt oder Fake?
Wer Falschinformationen aufdecken will, muss genau hinschauen
Das größte Problem in der Cyberkriminalität sind Schadprogramme. Die Zahl der Angriffe haben enorm zugenommen. Michaela Geierhos und ihr Team arbeiten an einer App, die Fakes erkennt.
Für viele ist es tägliche Routine: Man öffnet Instagram, Twitter und Co. und findet sich in einem durchaus verstörenden Strudel an Informationen der Social-Media-Welt wieder. Der erste Post zeigt direkt eine Person, die unrealistische Body Standards propagiert, der nächste Post verbreitet dubiose Informationen zu aktuellen Themen.
So genannte Fake News, die vor allem über die sozialen Medien verbreitet werden, stellen ein immer größer werdendes Problem dar. Jüngstes Beispiel sind die teils absurden Debatten um den Umgang mit der Corona-Pandemie – mitunter bewusst oder unbewusst angeheizt. Die fortschreitende Digitalisierung und der zunehmende Einfluss von sozialen Netzwerken schaffen Unübersichtlichkeit und bereiten Fake News fruchtbaren Boden.
„Fake News sind nichts Neues“, sagt Michaela Geierhos, Professorin am Forschungsinstitut CODE (Cyber Defence & Smart Data) der Universität der Bundeswehr München. „Aber Social Media ist das Vehikel, mit dem in Millisekunden Meinungen an Millionen Menschen verschickt werden können.“ Das gilt vor allem für Event-getriebene Fake News. Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Krieg in der Ukraine. Auch vor Wahlen werden Informationen gerne gefakt, um die Wähler zu manipulieren und ins jeweilige Lager zu ziehen.
Geierhos forscht und lehrt im Bereich Data Science. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Früherkennung von Fake News. Sie und ihr Team arbeiten an einer Softwareunterstützung, die Falschmeldungen identifiziert, kategorisiert und als irreführend oder fehlerhaft einstuft. „Das Problem ist, dass die Grenzen zwischen Wahrheiten, Halbwahrheiten und Fake News verschwimmen“, sagt Geierhos. „Damit haben wir ein Klassifikationsproblem“. Soll heißen: Welche Nachrichten sind wahr? Welche falsch?
Fake News haben die Absicht, ihren Adressaten zu beeinflussen und zu täuschen. Das geschieht teilweise so geschickt, dass selbst der versierte Nutzer gefälschte Posts oft nicht erkennt. Fake News können nicht nur als Text, sondern auch als Bild, Audio oder Video, in Form sogenannter Deep Fakes auftauchen – sie sind am schwierigsten zu überprüfen. Es können harmlose Scherzmeldungen sein, betrügerische oder erpresserische Phishing-Mails oder manipulierte Falschmeldungen, die zwar einen wahren Kern haben, denen aber gezielte Desinformation hinzugefügt wurde. Es gibt auch versehentliche Falschmeldungen; jedoch sind nur absichtlich manipulierte Fake News. Oft sind sie reißerisch und schockierend formuliert, damit sie häufiger geklickt und vielfach weiterverbreitet werden. Gefälschte Meldungen, dass geflüchtete Ukrainer mit 57 Rente bekommen oder Schüler aus der Ukraine ohne Abitur studieren dürfen, lösten beispielsweise große Entrüstung aus. Der Absender wollte damit die Bevölkerung gegen die Aufnahme von ukrainischen Kriegsflüchtlinge aufbringen.
Zwar gibt es keine validen Zahlen, aber Geierhos schätzt, dass etwa 40 Prozent aller Nachrichten, die über Social-Media-Plattformen geteilt werden, Fake sind. Wie erkennt man nun als Laie derlei Falschmeldungen? „Es gilt der Grundsatz des zero trust“, sagt Geierhos. Also ein gesundes Misstrauen und die Nachrichten zu hinterfragen. Die Überprüfung der Quelle ist der erste Schritt. Ist sie seriös? Kennt man das Portal? Gibt es ein Impressum? Wer ist der Verantwortliche? Ist die Website echt? Kann der Inhalt stimmen? Danach gilt es, die Informationen zu überprüfen und zu vergleichen. Was posten andere vertraute Quellen? Sind die Bilder echt? Aktuell? Von wem? Stimmen sie mit dem Inhalt überein? Wie überprüft man das?
Es macht also reichlich Arbeit, wenn man wissen will, ob man einer Nachricht vertrauen kann. Die machen sich die meisten erst gar nicht, und das spielt den Absendern in die Hände. „Einen Faktenchecker, der Informationen auf Hieb und Stich überprüft, gibt es noch nicht“, sagt Geierhos. Aber die IT-Forschung ist dran. Eine App, die dem Nutzer die Überprüfung abnimmt, wäre eine große Erleichterung.