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Spannungen im Kosovo: ,,Wir werden niemals aufgeben''

self-Logo 06.04.2023 Erion Fazlija, Ricarda-Huch-Schule Hannover

Blockaden und Straßensperren: Mehr als 2 Jahrzehnte nach Ende des Kosovo-Krieges sind im Kosovo erneut Spannungen zwischen serbischen Minderheiten und Behörden in der Stadt Mitrovic aufgetreten. Der Dialog zwischen dem pro-russischen Serbien und dem Kosovo, dass sich offiziell um den EU-Beitritt beworben hat, ist beinahe eskaliert.

Ursprung des Konflikts

Die Kosovo-Albaner stehen kompromisslos hinter ihrer Unabhängigkeit. Serbien hingegen besteht darauf, dass der Kosovo noch immer ein Teil Serbiens sei und das weiterhin bleiben solle. Aus diesem Grund hat die EU 2011 einen moderierten Serbien-Kosovo-Dialog eingeführt. Dessen Ziel war es, die Beziehung in Form eines abschließenden und rechtlich bindenden Abkommens, das im Einklang mit dem Völkerrecht steht und zur regionalen Stabilität beiträgt, zu verbessern. Das Ergebnis war allerdings ernüchternd. Die Verhandlungen waren von Konflikten und Streit geprägt. Sie gerieten ins Stocken und wurden schließlich beendet. Am 18.Februar 2008 gab das Parlament Kosovos seine Unabhängigkeit von Serbiens bekannt. Dieser wurde mit Beifall von einer Sondersitzung von Abgeordneten in Pristina zugestimmt. Bis heute haben 117 der 193 UN-Staaten den Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt. Jedoch haben Staaten wie Russland, China oder auch EU-Staaten wie Spanien und Griechenland den Kosovo nicht anerkannt.

Erneute Spannungen

Im nördlichen Teil Kosovos, in der Stadt Mitrovic, spitzte sich die Lage in den letzten Wochen enorm zu. Bei einer Demonstration soll Dejan Pantovic, ein serbisch-kosovarischer Polizist, seine eigenen Kollegen angegriffen haben. Daraufhin wurde er in Haft genommen, wodurch jedoch Proteste der Minderheit von Serben im nördlichen Teil des Landes Kosovo entstanden. Die Serben stellten Barrikaden bzw. Straßensperren auf und es sind Spannungen zwischen den serbischen Minderheiten und Behörden in der Stadt Mitrovic entstanden. Der Hintergrund dafür sind die Nichtanerkennung von KFZ-Dokumenten und Autokennzeichen zwischen dem Kosovo und Serbien.

Der Präsident Kosovos Albin Kurt versteht diese neuen Einreiseregeln als eine Maßnahme der Gegenseitigkeit, da Serbien seit mehreren Jahren die Dokumente des Kosovo nicht anerkennt. Der Präsident will damit, wie schon lange angekündigt, der serbischen Regierung auf Augenhöhe begegnen. Regierungen in mehreren Ländern haben ihre Besorgnis geäußert. Ein Vertreter der Bundesregierung sprach von einer „ernsthaften Verschlechterung der Lage“ und lobte „die jetzt ruhige Reaktion der Kosovo-Regierung“.

KFOR, die von der NATO geführte Friedenssicherungsoperation im Kosovo, sagt, sie beobachte die Spannungen im Norden. Sie sei bereit einzugreifen, wenn die Stabilität bedroht ist. Die Mission, an der rund 3.800 Soldaten aus 28 Ländern beteiligt sind, wird von der NATO geleitet und von den Vereinten Nationen, der Europäischen Union und anderen Organisationen unterstützt. Die EU und das Auswärtige Amt luden durch den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell  zu einem Krisentreffen der beiden Länder nach Brüssel ein. Die EU arbeitet seit Jahren daran, zur Klärung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo beizutragen. Allerdings gibt es auch unterschiedliche Haltungen gegenüber dem Kosovo. Fünf Mitgliedstaaten erkennen die Unabhängigkeit des Landes nicht an. Damit ist der Kosovo das Westbalkanland, das noch am weitesten von einer möglichen EU-Mitgliedschaft entfernt ist. 

Die Albaner im Kosovo sind gespalten. So beschreibt in einem Interview ein 14-Jähriger aus dem Kosovo die Lage folgendermaßen: ,,Das ist doch alles bestimmt übertrieben, ich denke wenn alle ruhig bleiben schaffen wir es bestimmt einen Kompromiss zu finden mit Serbien. Jedoch muss ich auch sagen, dass wir dieses Land niemals aufgeben werden und wenn es dazu kommen wird, dann werden wir kämpfen und alles tun damit wir unser zu Hause behalten können’’. Was hält er davon, dass die Serben den Albanern die Schuld geben? ,,Ich verstehe das nicht, Sie wollen unser Land, aber wir wollen das einfach nicht. Wieso lassen sie uns nicht in Ruhe. Wir hätten keine Probleme, jedoch begeben sie sich immer weiter auf unser Land und leugnen immer noch ihre ganzen Schandtaten im Krieg. Das ist einfach nur traurig." Auf die Frage was er sich für die Zukunft seines Landes wünscht, antwortet er: ,,Das wir unser zu Hause behalten können und der EU beitreten oder wenigstens ein Beitrittskandidat werden.’’

Diese eher positive Sicht auf die jetzige Situation teilen jedoch nicht alle im Land. Aus einem Interview mit einer 68-Jährigen Dame: ,,Ich bin sehr besorgt was mit unserem Land passiert und allgemein mit uns. Ich habe schon einmal einen Krieg mit den Serben erlebt und ich will das nicht nochmal tun.’’ Auf die Frage, was genau im Kosovo-Krieg passiert sei, antwortet sie: ,,Sie haben uns getötet und aufgeschlitzt. Frauen und Mädchen über 14 wurden von Soldaten vergewaltigt und damit entmenschlicht. Sie haben die Leichen in Massengräber geworfen und diese verschlossen, sodass viele bis heute nicht wissen was mit ihren Familienmitgliedern passiert ist. Ich zum Beispiel weiß nicht, wo die Familie meines Onkels ist." Was ist ihre Wunschzukunft für den Kosovo? ,,Ich wünsche mir vor allem frei von Serbien und allgemein ein freies Land zu sein!"


Promedia Maassen
06.04.2023 10:57 Uhr
Lieber Erion, vielen Dank für deinen Blogbeitrag. Du hast viele Informationen dargestellt und auch Betroffene gelungen mit Zitaten eingebunden. Hast du Quellenangaben zu den Interviews oder hast du selbst welche geführt? Und: Magst du uns mitteilen, wie du zu deiner Themenwahl gekommen bist? Liebe Grüße vom Promedia Maassen Team

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