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Burn Out vs. Bore Out. Wenn Schüler im deutschen Schulsystem untergehen

self-Logo 01.03.2023 Magdalena Haas

Triggerwarnung: Im folgenden Artikel werden sensible Themen, wie Anorexie (Magersucht), Depression, Selbstverletzung und weitere psychische Erkrankungen näher beschrieben. Dieser Text kann auf Betroffene verstörend und triggernd wirken!

 

Mariella.

Ein aufgewecktes kleines Mädchen, manchmal etwas frech doch für ihr Alter kann man sich gut mit ihr unterhalten. Sie hat wohl schon immer außergewöhnlich schwierige und für ihr Alter unpassende Sätze gesagt. Oft ist Mariella anstrengend. Sie möchte immer im Mittelpunkt stehen und fordert kontinuierlich Lob ein.

September 2010.

Mariella ist 5, erst im Oktober wird sie 6. Der Kindergarten empfiehlt ihren Eltern sie im Folgejahr einzuschulen. Zeitgleich wird Mariella, scheinbar grundlos, sehr traurig und will nichtmehr in den Kindergarten gehen. Mariella äußert sich nicht zu ihrer Traurigkeit und „bockt“ nur, Kindergarten findet sie blöd. Daraufhin beschließen ihre Eltern sie nachträglich einzuschulen.

Kinder können ihre Bedürfnisse oft noch nicht direkt und sachlich äußern. Sie versuchen andere mit auffälligem Verhalten auf ihre Unzufriedenheit oder ihre Gefühle aufmerksam zu machen. Hinzukommt, dass jüngere Kinder ihre Bedürfnisse häufig noch nicht richtig erkennen und benennen können. Kinder wissen, was sie wollen bzw. nicht-wollen, jedoch nicht was sie benötigen.

Die nachträgliche Einschulung beweist sich als richtige Entscheidung und das erste Schuljahr verläuft gut. Mariella ist eine gute Schülerin, eine der Klassenbesten. Als Mariella in die 2. Klasse kommt, wird bei ihr zufällig eine gebürtige Linkshändigkeit festgestellt, obwohl sie ausschließlich mit der rechten Hand schreibt und malt. Laut dem Arzt habe sich Mariella das „Schreibverhalten“ von ihren Rechtshänder-Eltern abgeguckt. Generell guckt sich die 7- jährige viel von Älteren ab.

In der dritten Klasse bemerken Eltern und Lehrer, dass Mariella sehr gerne im Unterricht mit ihren Mitschülern quatscht, und bei den Tests oft Konzentrationsfehler macht.

Zudem fällt auf, dass Mariella ca. alle 1-2 Jahre versucht ihren Charakter zu ändern, um laut ihrer Mutter „jemand anders zu sein“. In der 2 Klasse behauptet sie, ein wildes Kind zu sein und treibt ihre beste Freundin dazu an „wilde“ Sachen zu machen. Ein Jahr später will sie „Cool“ sein, am liebsten nur noch schwarz, Caps und Bomberjacken tragen. Zwischendurch will sie auch mal in einem Film mitspielen, beginnt ein Drehbuch zu schreiben und um Popstar zu werden gründet sie mal eben mit ihrer Freundin eine eigene Band und schreibt Songs.

Eltern hochbegabter Kinder und auch das Kind selber bemerken oft, dass ihr Kind sich etwas anders verhält als Gleichaltrige, doch können dieses Verhalten oft nicht richtig deuten. Mariella hat immer versucht ihre Träume, so nah an die Realität zu bringen wie möglich. Sie kann nie wirklich mit Puppen oder Playmobil spielen, wenn es keine maßstabsgetreuen Kühlschränke oder Toiletten gibt. Durch ähnliches Verhalten wirken betroffene Kinder anstrengend und unkreativ.

Herbst 2014,

Mariella kommt zusammen mit ihrer Freundin ins Gymnasium. Sie findet schnell Anschluss, gilt als etwas „crazy“ und ist für jeden Scheiß zu haben. Gleichzeitig bleibt sie eine sehr gute Schülerin. Die 10 Jährige erbringt sehr gute schriftliche Leistung, doch sie hat keine Lust sich zu melden. Einige Lehrer sagen zu ihr, dass sie sehr intelligent sei, sich nur öfter beteiligen müsse. Daraufhin antwortet Mariella: ,, Ich beteilige mich nicht, weil ich den Unterricht zu langweilig finde und die Fragen nicht interessant sind“. Der Lehrer nimmt sie nicht ernst und antwortet: „Dann musst du halt auf ein Hochbegabten Internat gehen“ Mariella nimmt dies als verletzend war. Diese Situation assoziiert ihr, dass sie immer Höchstleistungen erbringen müsse, um anderen ihre Unterforderung zu beweisen.

Auch heute noch begleitet sie diese Angst bei jeder Arbeit und jedem Test.

Intellektuell Begabte sind oft schwer zu erkennen, da sie aus Unterforderung unteranderem die, für die Schule nötige Motivation verlieren. Sogenannte Underarchiever erbringen häufig nur mittelmäßige bis schlechte schulische Leistungen, und ihre Hochbegabung bleibt unentdeckt. Etwa 12 Prozent aller Hochbegabten sind Underarchiever.

2017.

Mariella langweilt sich inzwischen so sehr, dass sie komplett aufhört sich zu melden. Sie wirkt genervt, ist sauer und etwas depressiv. Ihre Spanischlehrerin spricht sie auf ihr Verhalten an. Mariella erklärt ihr, dass sie unterfordert sei. Darauf die Antwort: „Ich finde nicht, dass, du in Spanisch unterfordert bist. Du denkst immer du bist so gut, aber es gibt noch andere die auch sehr gut sind.“ Dabei hatte diese Spanischlehrerin Mariella zuvor als „die beste Spanischschülerin überhaupt“ dargestellt (nach Aussagen von Mitschülern bejahte die Spanischlehrerin, dass Mariella so gut sei, dass für die Noten anderer Schüler kein mehr Maßstab sei). Jetzt hat Mariella vor jedem Gespräch über ihre Unterforderung Angst, dass man solche Sätze zu ihr sagt.

Eine Entwicklung hinzu auffallendem, störenden, und verweigernden Verhalten, aufgrund von Unterforderung ist keine Seltenheit. Viele Hochbegabte bekommen wegen ihres Verhaltens oder ihrer speziellen Denkweise falsche Diagnosen wie ADHS. Viele gelten zudem als respektlos, sozial unterentwickelt und werden im schlimmsten Fall auf Förderschulen verwiesen.

Mariella den 8. Jahrgang.

 Sie merkt schnell, dass das Überspringen, schulisch, nicht den gewünschten Effekt erbringt. Sie ist nicht, mehr gefordert als vorher. Mariella entwickelt eine Anorexie (Magersucht), endlich eine Aufgabe die 24h am Tag und sieben Tage die Woche, beschäftigt. Das Mädchen war immer schon dünn, im unteren Normalgewicht. Doch an Weihnachten, 3 Monate später wiegt sie nur noch 37 kg.  Im Februar wird sie in eine psychosomatische Klinik eingewiesen, dort wird bei ihr offiziell eine Hochbegabung diagnostiziert. Mariella ist zuerst erleichtert, sie denkt, sie würde jetzt ausreichend gefördert werden. Die Findung einer passenden Schule, stellt sich jedoch als deutlich anspruchsvoller da. Es gibt nur sehr wenige Hochbegabtenschulen in Deutschland, alle sind Internate. Aufgrund ihrer Historie entscheiden sich Mariella und ihre Eltern daher, vorerst gegen einen Schulwechsel. Im Herbst des neuen Schuljahres ist, die inzwischen 14-Jährige, wieder sehr unterfordert. Ihre Magersucht wird zur Sportsucht. Sie streitet sich oft mit ihrer Mutter. Ihre Freunde verlassen sie, weil sie ihnen zu leistungsorientiert, anstrengend, und essgestört ist. Außerdem mögen sie es nicht, dass Mariella gerne von ihren Erfolgen spricht und nie sie selbst sein kann. Sie hasst diese Eigenschaften an sich und schämt sich dafür.

Aufgrund ihrer altersungewöhnlichen Interessen und ihres Wissens, wirken Hochbegabte auf gleichaltrige oftmals streberisch, besserwisserisch und rechthaberisch. Sie werden zu Außenseitern, fühlen sich alleine und unverstanden. Die Kinder entwickeln Versagensängste und hegen sehr hohe Selbstansprünche. Viele haben Angst, dass ihre Leistungen nur auf Glück basiert haben und sie nicht wirklich so intelligent sind. Dieser zwanghafte Perfektionismus wird von Anderen erneut als negativ wahrgenommen.

Sozial ebenfalls wenig hilfreich, ist der große Wissensdurst und das kritische Hinterfragen hochbegabter Kinder, auch wenn dies bei Erwachsenen unter Umständen auf Begeisterung trifft, wirkt dieses Verhalten auf Gleichaltrige angeberisch und ruft Gefühle der Eifersucht hervor.

Hochbegabte tendieren unteranderem dazu, genervt zu reagieren, wenn bspw. Klassenkameraden den Stoff nicht gleich verstehen oder anwenden können. Insbesondere jüngere Begabte, können ihre Begabung zu Anfang nicht richtig differenzieren. Sie nehmen an, ihr schnelles Denken sei normal und bezeichnen andere Kinder, die mit ihrem Intellekt nicht mithalten können, als dumm. 

Auch wenn ältere Kinder nichtmehr so agieren, kann ihr Verhalten anderen assoziieren, sie würden sie für dumm halten. Hinzukommt, dass Hochbegabte in Diskussionen, gerne mal ihre Meinung durchsetzen möchten. Sie wollen sie nicht aufhören zu argumentieren und „erschlagen“ ihren Gegenüber mit ihren Argumenten.

Auch Mariella neigt dazu ihre Meinung stetig durchzusetzen und um ihr Recht zu kämpfen, wobei sie des Öfteren etwas ausfällig Freunden und Klassenkameraden gegenüber wird.

All diese Reaktionen und Ablehnungen werden von den Hochbegabten jedoch sehr wohl wahrgenommen, da sie größtenteils alles andere als unsensibel sind. Dieser soziale Stress belastet Viele sogar so sehr, dass sie psychische Erkrankungen wie Essstörungen, Depressionen oder sozial Phobien entwickeln.  

Mariella verletzt sich selbst, hat Mentalbreakdowns und ständige soziale Angst. Mariella möchte nichtmehr zur Schule gehen, sie sieht dort keinen Sinn.

Sie redet nichtmehr, ist demotiviert, liegt nur rum. Damit sie an all das nicht denken muss, treibt sie wieder exzessiven Sport. Die Stimme in ihrem Kopf, kann nun ausschließlich „noch ein Meter weiter“ schreien

Wie oben erläutert, bedeutet eine Hochbegabung für Betroffene nicht nur ein Segen, sondern aufgrund der stetigen Unterforderung und der Sozialen Folgen, auch eine schwerwiegende Belastung. Laut des Jugendpsychiaters Dr. med. Meuser hat die Hälfte aller Hochbegabten schon im Kindesalter mit seelischen Schwierigkeiten zu kämpfen und benötigt psychologische Hilfe.

 

Jakob

Jakob ist ein aufgeweckter kleiner Jungen, er ist auffallend aktiv und nimmt viel wahr. Er ist immer in Bewegung und kann nicht lange stillsitzen. Aufgrund dessen, kann er sich oft nicht auf eine einzelne Sache konzentrieren. Sein Gehirn kann unwichtige von wichtigen Informationen nicht trennen, es interessiert sich für so viele Sachen gleichzeitig. Jakob hat ADHS, das Aufmerksamkeits-hyperaktivitätssyndrom.

Was ist ADHS?

 ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung), bezeichnet eine Verhaltensstörung bei Kindern, Jugendliche und auch Erwachsenen. Betroffene weisen mehrheitlich Auffälligkeiten, durch  starke Aufmerksamkeit- und Konzentrationsstörungen, eine starke Impulsivität und Hyperaktivität (ausgeprägte körperliche Unruhe) auf.

Betroffene haben Schwierigkeiten, sich über einen längeren Zeitraum auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren. Sie können angefangene Tätigkeit häufig nicht zu Ende bringen und sind schnell abzulenken. (Sie machen ständig Flüchtigkeitsfehler). Diese Auffälligkeiten treten häufiger bei Tätigkeiten, die vorgegeben wurden (Hausaufgaben, Test etc.) auf.

Besonders im jungen Alter machen sich Betroffene durch sehr ausgeprägte körperliche Unruhe wie ständiges zappeln und starken Bewegungsdrang bemerkbar. Sie sind ständig aktiv, rennen, toben und klettern gerne. Zudem leiden sie häufig an Ruhelosigkeit, die sich durch ständiges Aufstehen im Unterricht oder beim Essen äußert.

Im Jugendalter übergehend zum Erwachsenenalter ist die körperliche Unruhe, weniger ausgeprägt. Die Hyperaktivität wandelt sich eher in emotionale Unruhe und Anspannung um. Manche versuchen diese Anspannung durch exzessiven Sport auszugleichen. Durch ihre Impulsivitätsstörung neigen Betroffene dazu, vorschnell und unüberlegt zu handeln, ohne die Konsequenzen zu betrachten. Kinder beginnen beispielsweise mit den Schulaufgaben, ohne die Aufgabenstellung richtig gelesen zu haben, sie geben antworten, bevor sie die Fragen zu Ende angehört haben und unterbrechen ihren Gesprächspartner oft, da sie ihre Meinung/Gedanke direkt präsentieren wollen.

 
September 2005.

 Jakob wird eigeschult. Das Kind von einem Arzt und einer Anwältin, mit Einser Abi. Doch Jakob ist anders. Direkt an seinem ersten Schultag meldet er sich und fragt die Lehrerin: Morgen muss ich aber nicht nochmal kommen, oder?“ Ständige Diskussion über das Lernen, und die Sinnhaftigkeit der Schule. Aufgrund des ADHS kann Jakob sich im Unterricht nicht konzentrieren. Er hängt mit dem Stoff weit hinterher jeden Nachmittag muss sich die Familie zusammen hinsetzen, um Phillips Rückstände aufzuholen

Vor allem durch die Konzentrationsstörungen und die Hyperaktivität, fällt es Betroffenen schwer sich ausschließlich bzw. dauerhaft auf das Lösen einer bestimmten Aufgabe zu fokussieren. Gekennzeichnet ist dieses Verhalten bspw. durch fehlerhaftes Lesen der Aufgabenstellung, häufiges Aufstehen vom Arbeitsplatz und produzieren von Geräuschen. Zudem ist es aufgrund der Impulsivität schwer, aufkommende Gedanken zu bündeln. Die Kinder verspüren den Drang sofort alles zu nennen, was sie zu einem Thema wissen und bleiben nicht bei der ausgehenden Aufgabenstellung, oder vergessen die wichtigen Aspekte.

 Nichtsdestotrotz macht Jakob im Unterricht weiterhin nicht mit. Stattdessen ist er laut, macht Blödsinn, wird von vielen Lehrern als sehr anstrengend und störend wahrgenommen. Es kommt häufiger zu Auseinandersetzungen mit anderen Schülern.

Kinder mit ADHS leiden häufiger an sozialen Problemen. Betroffene mit einer ausgeprägten Impulsivitätsstörung verspüren meist wenig Sensibilität, Mitgefühl und Distanz im Umgang mit ihren Mitmenschen. Dadurch werden sie von anderen häufig, als sehr aufdringlich und störend wahrgenommen. Zudem tendieren manche zur Eigenwilligkeit und geringer Kompromissbereitschaft, wodurch es zu Regelverstößen und auch körperlichen Auseinandersetzungen kommen kann.

Daraus folgen, kann ein sozialer Rückzug (abrechen von Kontakten etc.) bis hin zu einer psycho-somatischen Sozialphobie. Insbesondere Mädchen registrieren, dass andere sie als störend bzw. anstrengend empfinden und sich ggf. distanzieren. Aus Angst vor erneuter Ablehnung, ziehen sich die Betroffene zurück. Dieses Verhalten, blockiert das Erlernen von Sozialkompetenzen jedoch zusätzlich, und induziert lebenslange Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen.

Jakob bekommt zwar von Lehrern, Eltern und Ärzten Unterstützung, doch trotz Medikation, wöchentlichen Besuchen beim Psychologen und der Schulbegleitung, kommt er im deutschen Schulsystem einfach nicht zurecht. Er liebt es spielerisch Aufgaben zu lösen, beim Sport zu diskutieren, und sich in der Musik zu verlieren. Doch auf diesem verhassten Stuhl im Klassenraum, der auch noch hin und wieder wechselt, klappt einfach nichts von Alldem.

2009.

Vier Jahre nach seiner Einschulung, steht der Schulübertritt an. Eine schwierige Entscheidung. Laut seinen Noten reicht es für Jakob grade für die Realschule. Doch er ist intelligent, bei ihm werden viele Test durchgeführt, die dies bestätigen. In der Realschule würde, er sich unterfordert fühlen, sagt Jakobs Psychologe.

Anders als häufig angenommen, sind ADHS-Patienten durch ihre Defizite nicht automatisch unterdurchschnittlich intelligent. Die durchschnittliche Intelligenz ist etwa so hoch wie bei der Restbevölkerung. Zudem gelten Menschen, die an ADHS leiden, als sehr kreativ und musikalisch. Auch der E-Q also die Emotionale Intelligenz ist häufig sehr ausgeprägt. Unabhängig von der Impulsivitätsstärke, verfügen AHSler, prinzipiell über ein starkes Einfühlungsvermögen und Verständnis.

Trotz Zweifel, Ängsten und Sorgen, der Eltern über die Entwicklung von Jakobs schulischen Leistungen, kommt er im September 2009 ins Gymnasium. Die Lehrer wissen von Jakobs, Problemen, er erhält einen Nachteilsausgleich und Schule, Eltern und Psychologen bleiben im engen Austausch miteinander.

Dennoch fällt es ihm aufgrund des höheren Anforderungsniveau und des selbständigen Lernens zunehmend schwerer, den Stoff aufzuholen. In der siebten Klasse reichen seine Noten nichtmehr, er fällt durch. Eine Fünf in Mathe und Biologie, Auswendiglernen, Üben und Anwenden, das sind nicht grade Jakobs Stärken.

Auch in den Folgejahren ist Jakobs Versetzung immer wieder gefährdet. „Jakob hat eine drei in Erdkunde, das muss gefeiert werde. Einer vier Mathe, zum Glück.“ Bei jeder Arbeit, bangen Jakobs Eltern um ein Ausreichend, damit Jakob versetzt werden kann, und nicht der Schule verwiesen wird.

4 Jahre später.

Die Zeugniskonferenzen der 1o. Klasse stehen an. Konferenzbeschluss: Jakob fällt erneut durch. So kann es nicht weitergehen, meint die Mutter. Der Vater ist verzweifelt, ein Kollege erzählt ihm von Internaten in England, in denen Kinder wie Jakob mehr Möglichkeiten haben sollen.

So geht Jakob 4 Monate später auf das St. Afra College in Nordengland. Zur Erleichterung seiner Eltern, gefällt es ihm dort sehr gut. Der englischsprachige Raum tut ihm gut, er hat Spaß am Sprechen von Fremdsprachen. Der Alltag im Internat ist sehr strukturiert, es gibt verpflichtende Zeiten für Sport und zum Lernen, Jakob fällt es nun leichter sich zu organisieren.  Doch schon 6 Monate später, ist der Traum vorbei. Jakob wird beim Kiffen erwischt und fliegt von der Schule.

Endlich wird Jakob bewusst, welche Konsequenzen negatives Handeln haben kann. Es hat ihm so gut in England gefallen, er tut nun Alles, um die Schule von einer Wiederaufnahme zu überzeugen. Mithilfe seiner Psychologen, Lehrern und Eltern wir er schließlich erneut zur Probe aufgenommen. Er setz nun alles daran, gute Leistungen zu erbringen und einen guten Eindruck zu machen.

Er schafft es. Ein Jahr später wird er in die Oberstufe aufgenommen. Dort entdeckt er seine Begabung für Musik. Er fängt an Geige zu spielen. Sein Lehrer ist begeistert, Jakob lernt sehr schnell. Der Musiklehrer sagt zu ihm, dass er selten jemanden mit so viel Talent und Euphorie erlebt habe. Die Musik wir zu Jakobs Passion, Tag und Nacht übt er, komponiert eigene Stücke, verliert sich in der Musik. Er lebt die Musik.

2018.

Jakob macht seinen Abschluss, Die A-Levels. Das britische Schulsystem ermöglicht ihm einer Fächerkombination zu belegen, die in Deutschland überhaupt nicht möglich wäre. In Deutschland hätte er nicht, Musik, Kunst, Chemie und Französisch belegen können. Die Fächer die Jakob Spaß machen, in denen er gut ist. In Deutschland hätte er vielleicht keinen höheren Abschluss machen können.

Monate später, Mitte Juni liegt Jakobs Abschlusszeugnis vor ihm. Er hat bestanden, mit 2,3. Eine grandiose Leistung, wenn man Phillips schulische Laufbahn betrachtet.

Direkt im Anschluss beginnt Jakob an einer englischen Musikhochschule zu studieren. Er studiert Geige und eigen Kompositionen. Doch schon zwei Jahre später ist das Studium vorbei, denn Jakob gewinnt ein Stipendium. Er wird an einem der bekanntesten Konservatorien Bostens, angenommen. Unglaublich, denn in seinem Studiengang gibt es genau 40 Plätze, und Jakob bekommt einen von ihnen.  

 

Fußnote: Diese Geschichte ist frei erfunden, lehnt jedoch an wahren Begebenheiten und Erzählungen an.

 

Aus diesen Gründen ist es wirklich wichtig individuelle Begabungen zu erkennen und richtig zu fördern. In den meisten Regelschulen und generell im Deutschen Schulsystem ist dieser Bereich nicht hinreichend ausgebaut. Laut Meinung von auf Begabtenförderung spezialisierter Psychologen, läge der Fokus der Lehrerausbildung auf einer „Differenzierung nach unten“. Dies bedeutet, dass angehende Pädagogen darauf trainiert werden, schwächere Schüler so zu fördern, dass sie mithalten können. Umgekehrt werden sie nicht gelehrt, wie Leistungsstarke Schüler und Begabungen ausreichend gefördert werden können.

In ganz Deutschland gibt es genau 5 staatliche Internate, die sich ausschließlich auf Hochbegabte spezialisiert haben. In Baden- Württemberg und Bayern befinden sich noch ein paar Gymnasien mit einem „Hochbegabten Zug“, einer Extra-Klasse für Hochbegabte.

Schulen, an denen ein Abitur auf Kreativen Wege zu erreichen ist, sind noch seltener. Hätten Jakobs Eltern das Internat nicht bezahlen können, hätte Jakob wahrscheinlich nie die Chance auf einen höheren Schulabschluss gehabt. Geschweige denn auf ein Musikstudium in Bosten.

So wie Mariella und Jakob geht es leider einigen Kindern. Ihre Talente und Begabung werden nicht erkannt und nicht ausreichend gefördert. Sie gehen im deutschen Schulsystem unter.

 

 

 

Quellen:

Unterforderung und die Folgen | Beratung für Hochsensibilität und Hochbegabung (lisamariediel.de)

ᐅ Hochbegabung - Definition, Ursachen sowie Vor- und Nachteile (paradisi.de)

Stärken und positive Eigenschaften - ADHS-Elterntrainer (aok.de)

12. Soziale Probleme bei AD(H)S - adxs.org

ADHS in Schule und Unterricht - ADHS-Netz (zentrales-adhs-netz.de)

 

 

 

 

 

 


Promedia Maassen
03.01.2024 10:15 Uhr
Liebe Magdalena, ganz lieben Dank für deinen sehr anregenden Blogbeitrag. Es ist schön zu sehen, wie intensiv du dich mit dem Thema auseinandergesetzt hast. Besonders gelungen finden wir den Aufbau deines Textes: Durch die Abwechslung von Informationsstücken und Erzählstücken ist es trotz der Länge deines Artikels sehr kurzweilig zu lesen. Die Lebensgeschichten - auch wenn sie teilweise frei erfunden sind - machen die zusammengetragenen sachlichen Informationen sehr anschaulich und lassen die Lesenden auch mitfühlen. Generell finden wir interessant und auch toll, dass du dieses Thema gewählt hast, denn es ist wichtig, dass auf solche Themen und die Gefühlslagen aufmerksam gemacht wird und Angebote ausgebaut werden, die Betroffenen helfen können und auch das Umfeld mehr für solche Fälle sensibilisiert wird. Liebe Grüße Das Projektteam von Promedia

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